Factoring

Factoring hat schon eine lange Tradition und wurde schon unter den Kaufleuten im Mittelalter praktiziert. Die Idee zur kommerziellen Vermarktung des Factorings entstand im Amerika des 20. Jahrhunderts. Beim Factoring kauft der Finanzdienstleister eine bestehende Forderung aus Lieferungen und Leistungen auf. Der Kaufpreis ist immer die Höhe der zum Zeitpunkt des Ankaufs bestehenden Forderung abzüglich einer Gebühr für die vom Käufer erbrachten Leistungen. Der Käufer wird als Factor bezeichnet und übernimmt in der Regel mit dem Kauf auch das Ausfallrisiko einer Forderung. Ein weiterer Teil des Kaufpreises wird vom Factor als Sicherheit einbehalten. Diese Sicherheit wird auf einem Sperrkonto treuhänderisch verwaltet und erst ausgezahlt, wenn der Schuldner die Forderung beglichen hat.

Je nach Art des Risikoübergangs wird in echtes und unechtes Factoring unterschieden. Geht das so genannte Delkrederenrisiko auf den Käufer über, spricht man von einem echten Factoring. Als Delkrederenrisiko wird die Möglichkeit eines Forderungsausfalles bezeichnet. Beim unechten Factoring erhält der Verkäufer den durch den Factor zu zahlenden Kaufpreis für die Übernahme der Forderung quasi als Darlehen. Das wird in der Praxis allerdings nur sehr selten angewendet, weil es beim Zusammentreffen bestimmter Faktoren zu rechtlichen Problemen führen kann. Besonders häufig ist das der Fall, wenn der Verkäufer der Forderung seine Waren an den Kunden mit einem Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Bezahlung geliefert hat, wie das in Deutschland zum Beispiel durchgängig bei den großen Versandhäusern der Fall ist. Dann hätte der Verkäufer der Forderung rein rechtlich betrachtet die theoretische Möglichkeit, die gelieferten Waren von Kunden zurück zu holen. Damit wäre die Forderung abzüglich einer Nutzungsentschädigung nichtig und der Käufer der Forderung könnte diese gegen den Kunden rechtlich nicht mehr durchsetzen. Deshalb wird in der Praxis fast ausschließlich das echte Factoring eingesetzt.

Beim Factoring gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen. So kann der Kunde mit dem Fälligkeits- Factoring, das auch als Maturity Factoring bezeichnet wird, sich eine Risikoentlastung und die Vorteile einer Auslagerung des Forderungsmanagements verschaffen, bekommt aber den Kaufpreis nicht sofort ausgezahlt. Eine zweite Möglichkeit ist das Inhouse Factoring oder Bulk Factoring. Damit verbleibt das Forderungsmanagement bis hin zum gerichtlichen Mahnbescheid beim Kunden und das Ausfallrisiko übernimmt der Factor, der auch für alle nach dem Mahnbescheid folgenden rechtlichen Schritte verantwortlich ist.

Beim Factoring wird auch nach den Arten der Abtretung von Forderungen unterschieden. Das stille Factoring, bei dem der betroffene Schuldner nicht über die Abtretung der Forderung informiert wird, wird auf Grund des vorhandenen Potentials zu betrügerischen Mehrfachverkäufen einer Forderung in der Praxis kaum angewendet. Im Gegensatz dazu wird beim offenen Factoring der Schuldner über den Verkauf der Forderung genau informiert. Damit kann er rechtskräftige Zahlungen auf die Forderungen nur noch an den Factor leisten. Als halb offenes Factoring bezeichnet man die Vorgehensweise, bei der der Schuldner nicht über den Forderungsübergang informiert wird, aber einen Hinweis bekommt, dass er seine Zahlungen künftig direkt an den Factor leisten muss.